Pressemitteilung DGGG & DGPGM

Müttersterblichkeit in Deutschland: Fehlende Daten, fatale Folgen

Mütterliche Todesfälle werden in Deutschland bislang nicht vollständig erfasst. DGGG und DGPGM fordern daher ein verpflichtendes, bundesweites Register zur Dokumentation maternaler Mortalität. Nur so lassen sich Ursachen analysieren, Präventionsstrategien entwickeln und internationale Vergleiche ermöglichen. Der politische Handlungsbedarf ist laut Experten dringend.

Frauenhand nimmt roten Ordner aus einem Regal mit lauter blauen Ordnern.
Ein zentrales Register für mütterliche Todesfälle soll helfen, Müttersterblichkeit in Deutschland besser zu erfassen und zu verhindern. (©stokkete/stock.adobe.com)

Als maternaler Todesfall wird der Tod jeder Frau während der Schwangerschaft oder innerhalb von 42 Tagen nach Beendigung der Schwangerschaft bezeichnet – die Dauer und der Sitz der Schwangerschaft spielen hierbei keine Rolle. Die Definition schließt jede Ursache ein, die in Beziehung zur Schwangerschaft oder deren Behandlung steht oder durch diese verschlechtert wird. Die maternale Mortalitätsrate (MMR) stellt deutliche Unterschiede zwischen low-, middle- und high-income-countries dar: Während die MMR bei low-income-countries 2020 bei 430 pro 100.000 Lebendgeburten lag, gab es in high-income-countries eine Rate von 13 pro 100.000 Lebendgeburten. Grundsätzlich lässt sich jedoch keine genaue Mortalitätsrate für Deutschland nachlesen, was hauptsächlich auf die unzureichende Registrierung dieser Fälle zurückzuführen ist.

Maternale Mortalität: Internationale Daten und häufigste Ursachen

Um die Müttersterblichkeit zu erforschen, verwenden Geburtshelfende in Deutschland internationale Daten. Anhand mitteleuropäischer Daten lässt sich herausstellen, dass zu den häufigsten Ursachen maternaler Todesfälle Herz- und Gefäß-Erkrankungen sowie Bluthochdruckerkrankungen zählen, aber auch Thrombosen, Epilepsien und Hirninfarkte, Blutungen oder Infektionen. Internationale Berichte zeigen einen signifikanten Anstieg der Gesamtmüttersterblichkeitsrate. Im Vereinigten Königreich machten in den Jahren 2020 bis 2022 Thrombosen und Thromboembolien sowie COVID-19 und Herzerkrankungen 43% der Todesursachen aus, während in den USA 33% der Mütter aus kardiovaskulären Gründen verstarben. Um derartige Daten mit Deutschland ins Verhältnis setzen zu können, bedarf es an vergleichbaren Registern.

„Ein maternaler Todesfall ist ein seltenes Ereignis, dass aber immer mit unvorstellbarem Leid für die Familien einhergeht. Eine vollständige bundesweite Registrierung würde helfen, jeden Einzelfall gründlich zu analysieren, um eine gemeinsame Präventionsstrategie zu entwickeln.“ (Prof. Gert Naumann, DGGG-Präsident)

Problem der unzureichenden Registrierung in Deutschland

Ein geeignetes Register für die Aufarbeitung der Fälle, um Müttersterblichkeit adäquat zu erforschen und vorzubeugen, gibt es derzeit jedoch nicht.

Maternale Todesfälle werden aktuell in Form von Daten der Perinatalstatistik, des Statistischen Bundesamts mit der Einbeziehung von Todesbescheinigungen sowie einem freiwilligen Register von Geburtskliniken in Berlin dokumentiert. Eine zentrale Erfassungsmöglichkeit ist vor allem auch notwendig, da es bisher zu einem „under-reporting“ der mütterlichen Todesfälle kommt.

„Jeder mütterliche Todesfall ist einer zu viel – und jeder unregistrierte ein blinder Fleck in unserem Gesundheitssystem. Wir brauchen ein zentrales Register, um aus Einzelschicksalen Erkenntnisse zu gewinnen, Leben zu retten und im internationalen Vergleich endlich vergleichbar zu werden.“ (Prof. Michael Abou-Dakn, AGG-Vorsitzender)

Forderung nach einem bundesweiten, verpflichtenden Register

Es sollte ein bundesweites verpflichtendes Register geschaffen werden, welches den Zeitraum der internationalen Definition abdeckt und somit alle Institutionen sowie Ärztinnen und Ärzte involviert, um die Daten der Perinatalstatistik zu vervollständigen und zuverlässig auszufüllen. Ein Register, welches nur die Kliniken in die Pflicht nimmt, reicht hierfür nicht aus. Sobald alle Fälle von Müttersterblichkeit registriert werden, können die Daten erforscht und die Versorgungsqualität verbessert werden.

„Um Forschung in diesem Gebiet zu ermöglichen, müssen alle mütterlichen Todesfälle registriert und für Forschende zur Verfügung gestellt werden. Nur unter diesen Bedingungen kann eine Ursachenanalyse bzw. Forschung erfolgen, insbesondere auch im Sinne von Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität.“ (PD Dr. Dietmar Schlembach, DGPGM-Präsident)

Fazit: Dringender politischer Handlungsbedarf

Fazit: DGGG und DGPGM sehen dringlichen politischen Handlungsbedarf, um eine vollständige Registrierung dieser Extremereignisse zu ermöglichen. Derzeit sind die vorliegenden Daten nur bedingt zum internationalen Vergleich geeignet.

Wichtige Fragen zum Thema Müttersterblichkeit und Datenerfassung

Was genau ist ein maternaler Todesfall nach internationaler Definition?

Ein maternaler Todesfall ist der Tod einer Frau während der Schwangerschaft oder innerhalb von 42 Tagen nach deren Beendigung, unabhängig von Dauer oder Ort, sofern die Ursache mit der Schwangerschaft oder ihrer Behandlung zusammenhängt.

Warum gibt es in Deutschland keine genauen Daten zur Müttersterblichkeit?

In Deutschland gibt es kein zentrales, verpflichtendes Register für maternale Todesfälle. Die Erfassung erfolgt dezentral und freiwillig, was zu einem „under-reporting“ und unvollständigen Daten führt.

Was sind die häufigsten Ursachen für Müttersterblichkeit in Industrieländern?

Internationale Daten zeigen, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Thrombosen, Thromboembolien, aber auch Blutungen und Infektionen zu den häufigsten Ursachen zählen. Auch Krankheiten wie COVID-19 spielen eine Rolle.

Welchen Nutzen hätte ein bundesweites Register in Deutschland?

Ein zentrales Register würde eine vollständige und zuverlässige Datenerfassung ermöglichen. Dies ist entscheidend, um jeden Fall zu analysieren, die Ursachen zu erforschen und effektive Präventionsstrategien zu entwickeln.

Warum ist die Registrierung der Müttersterblichkeit so wichtig für die Versorgungsqualität?

Durch eine vollständige Registrierung können medizinische Fachkräfte und Forschende die Ursachen besser verstehen. Dies ermöglicht die Entwicklung von gezielten Maßnahmen, die die Qualität der Versorgung verbessern und Leben retten.


Quellen

Pressemitteilung der DGGG und der DGPGM