ESMO Kongressbericht

Brustkrebsbehandlung im Wandel: Hoffnung auf Therapie ohne Chemo

Bei frühem HR-positivem/HER2-negativem Brustkrebs stellt sich die Frage, ob eine Chemotherapie immer notwendig ist. Die ADAPTcycle-Studie prüft, ob CDK4/6-Inhibitoren in Kombination mit endokriner Therapie eine wirksame Alternative darstellen – besonders bei Patientinnen mit intermediärem Risiko. Erste Ergebnisse zeigen Potenzial, aber auch Grenzen

Arzt der ein Tablet hält mit einem MRT Bild von einem Mammakarzinom
CDK4/6-Inhibitoren könnten bei HR+/HER2- Brustkrebs eine Alternative zur Chemotherapie sein – je nach Risikoprofil. ©stephphotographies/stock.adobe.com

Beim frühen hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen (HR+/HER2-) Mammakarzinom haben die CDK4/6-Inhibitoren zu einer substanziellen Verlängerung des progressionsfreien und Gesamtüberlebens (OS) geführt, meinte Prof. Nadja Harbeck, München, auf dem ESMO Breast Cancer 2025. Allerdings ist bislang insbesondere bei prämenopausalen Patientinnen mit 1–3 positiven Lymphknoten oder ≥ 4 positiven Lymphknoten, aber auch endokrin-responsiven Erkrankungen noch unklar, wann man auf eine Chemotherapie verzichten kann, so die Onkologin. Antworten erhoffte man sich jetzt von den Ergebnissen der ADAPTcycle-Studie (NCT04055493).

Neue Hoffnung: CDK4/6-Inhibitoren als Gamechanger?

Die ADAPTcycle-Studie ging der Frage nach, ob die Therapie mit CDK4/6-Inhibitoren in Kombination mit einer endokrinen Therapie (ET) eine Chemotherapie überflüssig machen kann. Insgesamt 5274 Patientinnen wurden in der Studie eingeschlossen, 1634 davon wiesen ein intermediäres Risiko auf, das anhand der Lymphknotenbeteiligung, dem Recurrence-Score (RS), der ET-Response und klinischen Faktoren, Oncotype DX und Ki-67post-ET ermittelt wurde. Gruppe 1 erhielt eine antihormonelle Therapie plus Ribociclib, Gruppe 2 eine Standardchemotherapie (gefolgt von einer adjuvanten endokrinen Therapie). Die Therapiedauer ist auf 5 Jahre angelegt, die beiden co-primären Endpunkte waren das invasive krankheitsfreie Überleben (iDFS) und das fernmetastasenfreie Überleben (dDFS). Die Studie war nicht randomisiert; maßgeblich war die Therapiewahl des Arztes. Trotzdem waren beide Therapiearme gut ausbalanciert, so Harbeck.

Kann Ribociclib die Chemo ersetzen?

Die Auswertung der neoadjuvanten Kohorte (n = 554) nach einer medianen Therapiedauer von 5,7 Monaten (Spanne: 0,7–10,5 Monate) ergab eine pCR-Rate (ypT0/is, ypN0) im Ribociclib-Arm von 5,7 versus 7,1 % im Chemotherapie-Arm (Odds Ratio [OR] 0,79; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,38–1,66; p = 0,542). Bei Patientinnen mit pCR oder naher pCR (ypT1a ypTN0) waren es 9,5 versus 15,4 % (OR 0,58; 95%-KI 0,33–01,00; p = 0,05). Bei Patientinnen ohne oder mit minimaler nodaler Beteiligung (cN0–1) betrugen die pCR-Raten 6,1 % (Ribociclib) versus 7,4 % (Chemotherapie; p = 0,574). Keine signifikanten Unterschiede ergaben sich auch beim Vergleich nach Recurrence-Score (RS 0–25 bzw. > 25) und der Therapiedauer.

Die klinische Relevanz der pathologischen Komplettremission (pCR) beim Luminal-B-Mammakarzinom ist noch unklar, so Harbeck. Resultate für die Subgruppe werden laut der Onkologin für 2028 erwartet. Eine multivariate Analyse bestätigte die prädiktive Bedeutung der nodalen Beteiligung (cN0: p = 0,009), nicht jedoch für den Recurrence-Score und die Gradation.

Die häufigsten unerwünschten Ereignisse (UEs) vom Grad ≥ 3 waren Neutropenien (29,8 vs. 14,4 %) und Lebertoxizitäten, vor allem Transaminase-Erhöhungen (18,9 vs. 3,2 %). Alopezien aller Grade traten in 19,8 vs. 56,4 % auf. Therapieabbrüche waren im Ribociclib-Arm mit 19,1 % häufiger als im Chemotherapie-Arm (11,7 %). Neue Sicherheitssignale wurden nicht beobachtet.

Wer darf bald auf Chemo verzichten?

Insgesamt bestätigen die Ergebnisse Vermutungen, dass der Vorteil einer Chemotherapie für Patientinnen mit frühem HR+/HER2–Mammakarzinom und intermediärem bis hohem Risiko, stratifiziert mittels nodaler Beteiligung, RS und ET-Response, begrenzt ist, so Harbeck.

Dr. Alexander Kretzschmar, München


Quellen

Harbeck N et al. ESMO Open 2025; 10 (Suppl. 4): 104743. DOI: 10.1016/j.esmoop.2025.104743

ESMO Breast Cancer 2025; Proffered Paper Session 2 am 15.05.2025; Abstract 1890