Kliniklandschaft in der Krise
Deutschlands Krankenhäuser stehen unter massivem wirtschaftlichem Druck: Drei Viertel schreiben Verluste, bei öffentlichen Einrichtungen sind es fast 90%. Die Folgen sind gravierend – von Standortschließungen über Fusionen bis hin zu einem Investitionsstau von 130 Milliarden Euro. Die medizinische Versorgung gerät zunehmend ins Wanken.

Die Not der deutschen Krankenhäuser wird immer größer: Im vergangenen Jahr haben nach einer Erhebung der Münchner Unternehmensberatung Roland Berger ¾ der Kliniken Verlust geschrieben, von den öffentlichen Einrichtungen sogar knapp 90%. Das ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren.
«Die Zahl der Krankenhäuser, die negative Ergebnisse schreiben, wird immer größer, und die Anzahl derjenigen, die Gewinn machen, wird immer geringer», sagte Peter Magunia, leitender Fachmann für das Gesundheitswesen bei Roland Berger. Die Unternehmensberatung veröffentlicht die Krankenhausstudie jährlich, für die neue Ausgabe wurden 850 Krankenhaus-Geschäftsführer und Führungskräfte befragt. 2023 arbeitete nach der damaligen Umfrage zumindest eine knappe Hälfte der Häuser noch wirtschaftlich.
Kommunen schichten um und verschieben Investitionen
«Die Defizite sind teilweise sehr, sehr hoch, bei einzelnen Häusern sind es über 100 Millionen Euro Defizit», sagte Magunia. «Da geraten selbst starke öffentliche Träger an ihre Grenzen.»
Die Zahl der Klinikinsolvenzen hat nach Worten des Beraters aber weniger stark zugenommen als erwartet. «Die Einrichtungen sind sich alle ihrer Verantwortung bewusst und versuchen natürlich, die Gesundheitsversorgung so lange wie möglich aufrechtzuerhalten», sagte Magunia. «Viele Kommunen schichten dafür Mittel um und verschieben dafür andere Vorhaben.»
Fusionen und Schließungen als Konsequenz
Wahrscheinliche Folge der Krankenhauskrise werden nach Einschätzung der Unternehmensberatung mehr Fusionen und weitere Schließungen sein. «Was wir aktuell sehen, ist, dass vermehrt über Zusammenschlüsse nachgedacht wird, teilweise träger- und landkreisübergreifend», sagte Magunia. «Mehrere Träger tun sich zusammen, bilden einen Krankenhausverbund und schließen 1 oder 2 ihrer Häuser.»
130 Milliarden Euro fehlen für Modernisierung
Roland Berger erwartet größere Transformationen. «Um aus der Misere herauszukommen, reduzieren Krankenhäuser die Zahl ihrer Standorte, ändern ihr Leistungsportfolio, und investieren in den Ausbau der ambulanten Versorgung», sagte Magunia. «Wir schätzen den Investitionsbedarf in den nächsten Jahren auf 130 Milliarden Euro, für Baumaßnahmen, IT und Digitalisierung. Die vorhandenen Fördermittel reichten dafür nicht aus, selbst mit den 50 Milliarden Euro des Krankenhaustransformationsfonds nicht.»
Der Fonds geht noch auf die alte Bundesregierung zurück und soll die Kliniken bei der Modernisierung unterstützen. Für die nähere Zukunft erwarten viele Häuser laut den Beratern eine weitere Verschlechterung, längerfristig wieder eine Verbesserung – was nicht gleichbedeutend mit schwarzen Zahlen ist.
FAQ zur Krankenhauskrise in Deutschland
Viele Kliniken leiden unter steigenden Kosten für Personal, Energie und Infrastruktur, während die staatlichen Fördermittel und Fallpauschalen nicht ausreichen, um diese Ausgaben zu decken. Besonders öffentliche Krankenhäuser sind stark betroffen.
Ja, laut Experten sind Fusionen und Standortschließungen unvermeidlich. Viele Träger schließen kleinere Häuser oder bündeln Leistungen, um Kosten zu senken und Ressourcen effizienter einzusetzen.
Studien schätzen den Modernisierungsbedarf auf rund 130 Milliarden Euro – für Baumaßnahmen, IT, Digitalisierung und den Ausbau ambulanter Versorgung. Der bestehende Krankenhaustransformationsfonds von 50 Milliarden Euro reicht dafür bei Weitem nicht aus.
Neben Schließungen und Fusionen setzen viele Träger auf Spezialisierungen, Kooperationen mit anderen Einrichtungen sowie eine stärkere Verlagerung in den ambulanten Bereich. Ziel ist, die Qualität der Versorgung zu sichern und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähig zu bleiben.
Quellen
dpa
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