Tragischer Todesfall

Polnisches Gericht verurteilt Ärzte nach Tod Schwangerer

Ein Gericht in Polen hat drei Ärzte wegen des Todes einer Schwangeren verurteilt – ein historisches Urteil mit Signalwirkung. Die Frau starb 2021, weil ein lebensrettender Schwangerschaftsabbruch unterlassen wurde. Der Fall zeigt die dramatischen Folgen des strengen Abtreibungsrechts und entfacht erneut Proteste und Debatten über Frauenrechte und medizinische Verantwortung.

Maskierte Frau hält Protestschild in der Hand
Ein Gericht in Polen spricht Ärzte schuldig – das Urteil gilt als Wendepunkt im Kampf für Frauenrechte. (Czarek Sokolowski/AP/dpa)

Warschau (dpa) – In Polen sind drei Ärzte wegen des Todes einer Frau mit Schwangerschaftskomplikationen verurteilt worden. Angesichts des strengen Abtreibungsrechts im Land hatten die Gynäkologen nicht gewagt, das Leben der Frau durch einen Schwangerschaftsabbruch zu retten.

Das Urteil werde «in die Geschichte des Kampfes der polnischen Frauen für ihre Rechte, d.h. den Kampf für Menschenrechte, eingehen», kommentierte die liberale Zeitung «Gazeta Wyborcza». Vertreterinnen der Frauenrechtsbewegung Strajk Kobiet (Frauenstreik) sagten der Nachrichtenagentur PAP, es sei ihres Wissens nach der erste derartige Richterspruch.

Gerichtsurteil nach tragischem Klinikfall in Pszczyna

Der Fall hatte sich 2021 in der südpolnischen Stadt Pszczyna nach einer Verschärfung des Abtreibungsrechts ereignet. Eine 30 Jahre alte Frau, die ein Kind mit Fehlbildungen erwartete, kam mit geplatzter Fruchtblase ins örtliche Krankenhaus. Die Ärzte warteten, dass der Embryo von allein abstirbt; doch die Mutter starb an einem septischen Schock.

Wegen dieser Fehlentscheidung verurteilte ein Gericht in Pszczyna einen Arzt zu anderthalb Jahren Haft, einen zweiten zu einem Jahr und drei Monaten. Beide erhielten sechs Jahre Berufsverbot. Ihr Vorgesetzter wurde zu einem Jahr auf Bewährung und vier Jahren Berufsverbot verurteilt. Das Urteil vom Donnerstag ist nach Angaben von PAP noch nicht rechtskräftig.

Strenges Abtreibungsrecht führte zu tödlicher Entscheidung

Unter der damaligen nationalkonservativen Regierung in Polen hatte das Verfassungsgericht 2020 entschieden, dass Frauen auch dann nicht abtreiben dürfen, wenn das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen aufweist. Ein Abbruch ist nur noch nach einer Vergewaltigung oder Inzest möglich – oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist. In den Jahren seitdem sind mehrere Frauen unter ähnlichen Umständen wie in Pszczyna ums Leben gekommen, was jedes Mal Proteste hervorrief.

Die derzeitige Mitte-Links-Regierung scheiterte 2024 mit einer Liberalisierung. Wegen Abweichlern in den eigenen Reihen gelang es nicht einmal, die Strafandrohung wegen Beihilfe zu Abtreibung aufzuheben, die auch Ehemänner, Partner oder Verwandte treffen kann.

Ärzte fordern klare Regeln für lebensbedrohliche Fälle

Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna sagte im Zusammenhang mit dem Prozess, die Krankenhäuser hätten klare Leitlinien zu Abtreibungen in Situationen, in denen Leben oder Gesundheit einer Frau gefährdet sei. Das Leben der Frau müsse immer vorgehen, sagte der Vorsitzende des polnischen Gynäkologenverbands, Piotr Sieroszewski. Er kritisierte aber, dass es in den Rechtsvorschriften des Ministeriums weiter eine Grauzone gebe.

In Deutschland ist eine Abtreibung grundsätzlich strafbar, es sei denn, sie findet in den ersten zwölf Wochen statt und die Frau hat sich zuvor beraten lassen – geregelt wird das im Paragraf 218. Nicht strafbar ist ein Abbruch nach derzeitiger Rechtslage auch, wenn medizinische Gründe vorliegen oder wenn er wegen einer Vergewaltigung erfolgt.


Quellen

dpa